Sparkassen sanieren sich über die Jobcenter

Schon seit zwei Jahren kündigt der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, Geiger, an, dass die Sparkassen kostenbewusster werden müssen. Vor dem Hintergrund der schwindenden Zinsmargen kündigte er im Sommer an, das kostenlose Girokonto der Sparkassen würde vom Markt genommen. Irritierend an der Aussage war nur, dass es kostenlose Girokonten nur für Schüler, Azubis und Studenten bei den öffentlich-rechtlichen Häusern gibt.
Seit einiger Zeit haben die Sparkassen aber einen anderen „Dreh“ gefunden, schwindende Gewinne zu kompensieren. Filialschließungen und Zusammenlegungen führen zwangsläufig zu einer zu hohen Beschäftigungsquote. Diese verursacht überflüssige Personalkosten. Die logische Konsequenz ist ein Arbeitsplatzabbau durch Kündigung. Während ein 40jähriger durchaus noch Chancen am Arbeitsmarkt hat, kann es für einen Mitarbeiter im Alter von 59 kritisch werden.
Quelle: der-bank-blog.de
Freikaufen mit dem Arbeitsamt
Wie der Spiegel in seiner Ausgabe vom 21.10.2017 berichtet, greifen die Sparkassen auf ein Konzept der Unternehmensberatung Bertschat und Hundertmark zurück, welches bei den Sparkassen auf größte Zustimmung stößt.
Das Vorgehen ist einfach. Der Arbeitnehmer erhält 95 Prozent seiner letzten, bis zum 63. Lebensjahr ausstehenden Nettogehälter in einer Summe ausgezahlt. Allerdings werden diese Bezüge um das genau berechnete mögliche Arbeitslosengeld I gekürzt. Der Arbeitnehmer muss sich jetzt arbeitslos melden, um auch die Differenz zu erhalten. Ohne geht die Rechnung nicht auf.
Rund 96 Prozent der betroffenen Mitarbeiter haben das Modell „Vorruhestand-Flex“ akzeptiert. Der Chef der Hildesheimer Sparkasse sieht das Ganze recht pragmatisch. „Das machen andere Unternehmen auch und wir stehen im Wettbewerb“ so Vorstandsvorsitzender Jürgen Twardzik laut Spiegel.
Quelle: der-bank-blog.de
Betrachtet man diese Grafik, kommen vorneweg 14 Prozent der Mitarbeiter für diesen „Sozialplan“ infrage.
Kommunen profitieren
Betrachtet man sich einmal die „Eigentumsverhältnisse“ der Betroffenen, ist klar, weshalb die Kommunen diesen Griff in die öffentlichen Kassen gut heißen. Eigentümer der Sparkassen sind die Kommunen und Kreise. In den Verwaltungsräten sitzen Vertreter der jeweiligen Kommunen. Die Gewinne der Sparkassen kommen den Trägern zugute. Je niedriger die Kostenbelastung, beispielsweise durch Gehälter, ausfällt, um so mehr Geld steht für andere kommunale Aufgaben zur Verfügung. Der Oberbürgermeister von Hildesheim hat dazu seine ganz eigene, fast schon zynische Meinung. Gegenüber dem Spiegel sagte Ingo Meyer: „Keiner wird gezwungen, sich arbeitslos zu melden.“
303 der 408 bundesweiten Jobcenter agieren als Kooperation zwischen der Bundesagentur für Arbeit und der jeweiligen Kommune oder des Kreises. Die Arbeitsteilung sieht allerdings so aus: Die Bundesagentur ist für die Bereitstellung von Geldern, zur Umschulung oder eben für Arbeitslosengeld I und II zuständig. Die Kommune stellt lediglich die Räumlichkeiten zur Unterbringung.
Nur in 105 Fällen ist die Kommune alleiniger Träger der Jobcenter. Von den 438 Sparkassen in Deutschland profitieren folglich drei Viertel der Träger von dem Konzept „Vorruhestand-Flex“.
Was sagen die Gewerkschaften und die Arbeitsagentur dazu?
Die Bundesagentur für Arbeit bezieht eine ganz klare Position. „Vorruhestand und Arbeitslosigkeit widersprechen sich.“
Der Fachbereichsleiter Finanzdienstleistungen beim Landesbezirk Niedersachsen-Bremen der Gewerkschaft ver.di, Markus Westermann, findet noch deutlichere Worte: „Sparkassen haben einen öffentlichen Auftrag und nicht das Ziel, illegal die öffentlichen Kassen zu plündern.“
Wie wenig dies die „roten“ Institute anficht, macht eine Aktion des bayerischen Sparkassenverbandes deutlich: Dieser hat mit der Unternehmensberatung einen Rahmenvertrag geschlossen, Workshops zum Thema finden inzwischen bundesweit statt.
Nach dem massiven Verkauf von Lehman-Zertifikaten gerade an ältere, unbedarfte Anleger, bewegen sich die Sparkassen einmal mehr in einem zumindest moralisch sehr zweifelhaften Licht. Die Zeiten des öffentlich-rechtlichen Auftrags sind wohl vorbei.